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Vernetzungskonferenz Datentreuhandmodelle: Datenteilen über Grenzen hinweg

Auf der „Vernetzungskonferenz Datentreuhandmodelle“ vom 11. bis 13. September 2024 in Berlin diskutierten die vom BMBF geförderten Projekte gemeinsam Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft über die Weiterentwicklung von Datentreuhandmodellen in der Praxis. Im Fokus standen dabei nicht nur technische und rechtliche Fragen, sondern vor allem die Akzeptanz und Skalierung über Organisations- und Sektorengrenzen hinweg, um eine neue Kultur des Datenteilens im Forschungs- und Innovationssystem zu etablieren.

Impression aus einem der Fachgruppenworkshops © VDI/VDE-IT

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert seit 2021 aktiv die Entwicklung, Etablierung und Skalierung von Datentreuhandmodellen. So soll eine neue Datenkultur innerhalb des Forschungs- und Innovationssystems unterstützt werden, die die Nutzbarkeit von Daten jenseits der Grenzen einzelner Organisation oder Sektoren stärkt.

  1. Pilotprojekte: In den Pilotprojekten werden Datentreuhandmodelle in unterschiedlichen Anwendungsbereichen der Wissenschaft und Wirtschaft konzipiert, entwickelt und in einem Pilotbetrieb unter realen Praxisbedingungen getestet werden. Die Erkenntnisse aus den Projekten verbessern das Verständnis, in welchem Umfang Datentreuhänder die Nutzung von Daten ausweiten können und welche Faktoren für den Erfolg von Datentreuhändern maßgeblich sind. So bilden sie eine belastbare Grundlage für die weiteren Förderaktivitäten des BMBF.
  2. Bausteinprojekte: Diese Projekte fokussieren sich – anders als die Pilotvorhaben – stark auf einzelne Herausforderungen, die der Etablierung von Datentreuhandmodellen in der Praxis noch entgegenstehen, und entwickeln entsprechende Lösungsbausteine. Dabei widmen sich die Projekte der Erforschung von Geschäfts- und Betriebsmodellen sowie Erfolgsfaktoren für die Akzeptanz und Skalierung von Datentreuhandmodellen, der (Weiter-)Entwicklung technischer Komponenten oder ihrer rechtlich einwandfreien Umsetzung.
  3. Skalierungsprojekte: Diese Projekte zielen jeweils darauf ab, in einem konkreten Anwendungsbereich oder auch anwendungsbereichsübergreifend einen Datentreuhänder nachhaltig zu etablieren und im Rahmen der Förderung das Wachstum des damit verbundenen Datenökosystems zu stärken. 
  4. Kompetenznetzwerk: Das Kompetenznetzwerk unterstützt die Datentreuhandinitiativen und bietet eine zentrale Anlaufstelle für Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung. Es stellt praxisnahe Informationen bereit, fördert den Austausch zwischen Datentreuhändern und bietet Lernangebote sowie eine digitale Plattform zur Vernetzung und Wissensvermittlung.
  5. Begleitforschung: Die wissenschaftliche Begleitforschung untersucht zentrale Herausforderungen und Lösungsansätze der Pilotprojekte in den Bereichen der technischen Infrastruktur, rechtlicher Rahmenbedingungen, Geschäftsmodellentwicklung sowie Akzeptanz und Skalierung. Sie begleitet die Umsetzung der Projekte wissenschaftlich und entwickelt praxisnahe Empfehlungen.

Pilotprojekte, Bausteinprojekte und Skalierungsprojekte bauen aufeinander auf und greifen ineinander, um Datentreuhandmodelle erfolgreich weiterzuentwickeln. Die Vernetzung der einzelnen Projekte und vor allem der dahinterstehenden Köpfe ist somit von zentraler Bedeutung.

Die Vernetzungskonferenz im Überblick

Um Ideen, Erfahrungen und Best Practices aus den verschiedenen BMBF-geförderten Projekten gemeinsam diskutieren zu können, fand deshalb vom 11.-13. September die diesjährige Ausgabe der „Vernetzungskonferenz Datentreuhandmodelle“ statt. Mehr als 150 Teilnehmende aus den 45 geförderten Projekten haben hier im Rahmen eines interaktiven und vor allem interdisziplinären Programms die Gelegenheit genutzt, sich untereinander auszutauschen. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, die eigenen Erfahrungen und Ideen mit dem geförderten Kompetenznetzwerk, der Begleitforschung und externen datenpolitischen Expertinnen und Experten zu spiegeln und zu diskutieren.

MdB Mario Brandenburg, der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, hob zur Eröffnung der Konferenz in seinem Grußwort die wichtige Rolle der Teilnehmenden und den zentralen Beitrag Ihrer Projekte hervor, da durch sie der erforderliche Transformationsprozess hin zu einer gelebten Datenkultur innerhalb des Forschungs- und Innovationssystems aktiv mitgestaltet wird.

Podiumsdiskussion und Impulsvorträge

Einer der Höhepunkte der Konferenz war die Podiumsdiskussion zum Thema „Skalierung über Grenzen hinweg – Datentreuhandmodelle für eine gemeinsam gelebte Datenkultur“. Hier diskutierten Prof. Dr. Petra Gehring (Vorsitzende des Rats für Informationsinfrastrukturen), Daniel Krupka (Geschäftsführer der Gesellschaft für Informatik e. V.), Dr. Pascal Hetze (Programmleiter „Kollaborative Forschung & Innovation“ beim Stifterverband), David Schönwerth (Bereichsleiter „Data Economy“ beim Digitalverband Bitkom e. V.) und Stefanie Setzer (Statistisches Bundesamt, Forschungsdatenzentrum) über die Herausforderungen und Chancen der Skalierung von Datentreuhandmodellen jenseits einzelner Anwendungsbereiche, Sektoren oder nationaler Grenzen. Im Fokus standen dabei vor allem die Suche nach geeigneten Instrumenten und Strategien zum Aufbau von Vertrauen zwischen den beteiligten Anspruchsgruppen innerhalb des Forschungs- und Innovationssystems. Den zweiten Konferenztag nutzen das Kompetenznetzwerk und die laufende Begleitforschung zu den Pilotprojekten dazu, ihre bisherigen Ergebnisse vorzustellen und mit den anwesenden Projektverantwortlichen die nächsten Schritte gemeinsam vorzudenken. Darüber hinaus teilte Lars Nagel (CEO der International Data Spaces Association – IDSA) in seiner Keynote wertvolle Einblicke in den aktuellen Stand der technischen und organisatorischen IDSA-Komponenten zum Aufbau offener und sicherer Datenökosysteme.

Technische und rechtliche Umsetzbarkeit von Data-Governance-Strukturen

Zu diesem Thema wurden erste Erkenntnisse aus den Pilotprojekten vorgestellt. Dabei lag der Fokus auf der Frage, wie Datentreuhandmodelle so gestaltet werden können, dass sie den rechtlichen Anforderungen entsprechen. Es wurden konkrete Fallgruppen diskutiert, bei denen die Daten entweder beim Datengeber verbleiben oder von einem Datentreuhänder verarbeitet werden. Besondere Herausforderungen ergeben sich aus der komplexen Rechtslage, wie der Anwendung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) oder des Data Governance Act, die oft zu Unsicherheiten bei der praktischen Umsetzung führen. Die Diskussion zeigte, dass eine sorgfältige Abwägung zwischen Datenschutz, Geschäftsgeheimnissen und technischer Machbarkeit notwendig ist, um rechtssichere Lösungen zu schaffen​.

Geschäftsmodellentwicklung

Hier lag der Schwerpunkt auf der Schaffung von Akzeptanz, einer leichten Skalierbarkeit sowie der Sicherstellung von Neutralität und Vertrauen bei Datentreuhandmodellen. Die Teilnehmenden tauschten sich über Best Practices und Strategien aus, um diese Modelle nachhaltig und vertrauenswürdig in verschiedenen Sektoren zu verankern. Es wurde betont, dass Neutralität ein zentraler Faktor für Vertrauen ist und Datentreuhänder kein Eigeninteresse an den Daten haben sollten, dass im Sinne der Ökosystemteilnehmenden seine Neutralität untergräbt. Dieses Vertrauen in die Neutralität der Datentreuhänder ist entscheidend, damit Unternehmen und Institutionen bereit sind, ihre Daten zu teilen. Zudem wurde hervorgehoben, dass Transparenz und Kontrolle wichtige Säulen sind, um Vertrauen bei den Datennutzenden und -gebenden zu schaffen.

Datenzugang, Kompatibilität und Datenräume

Es wurden Herausforderungen des sicheren und offenen Zugangs zu Daten sowie Möglichkeiten zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen bestehenden Datensystemen diskutiert. Technische Fragestellungen wie Interoperabilität und Skalierbarkeit spielten dabei eine zentrale Rolle, besonders in Bezug auf die Bewältigung großer Datenmengen und den Schutz vor unbefugtem Zugriff​. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf der Entwicklung föderierter Datenräume, die durch gemeinsame Standards und Vereinbarungen den souveränen Datenaustausch zwischen verschiedenen Akteuren ermöglichen.

Zielgruppen und Skalierungsstrategien

Zu diesem Thema wurde darüber diskutiert, wie Datentreuhandmodelle gut auf die Bedürfnisse ihrer jeweilige(n) Zielgruppe(n) zugeschnitten werden können. In einer der Breakout-Sessions arbeiteten die Teilnehmenden organisatorische und technische Do’s and Don’ts für erfolgreiche Skalierungsstrategien aus. Organisatorisch wurde betont, dass klar definierte Einsatzszenarien für Datentreuhandmodelle sowie gezielte Onboarding-Prozesse für neue Teilnehmende im Datenökosystem entscheidend sind. Zum technischen Aspekt wurde unter anderem hervorgehoben, dass die Nutzung bestehender Standards für eine erfolgreiche Skalierung unabdingbar ist.

Vernetzung im Fokus: Der „Gallery Walk“ und weitere Highlights

Der „Gallery Walk“ bot den Konferenzteilnehmenden eine ideale Gelegenheit, sich umfassend über die laufenden Projekte zu informieren und Kontakte zu knüpfen. In den Räumlichkeiten der historischen Alten Münze in Berlin waren Poster von über 40 Projekten wie in einer Galerie ausgestellt. Die Teilnehmenden hatten so immer wieder die Gelegenheit, sich direkt mit den Projektverantwortlichen auszutauschen, Ideen zu teilen und potenzielle Kooperationsmöglichkeiten zu identifizieren. Dadurch wurde nicht nur ein Überblick über die Fortschritte der geförderten Initiativen geboten, sondern auch die Grundlage für zukünftige Zusammenarbeit gelegt. Neben dem „Gallery Walk“ gab es weitere Gelegenheiten zur Vernetzung. Beim organisierten „Match-Making“ konnten die Teilnehmenden gezielt Gespräche mit potenziellen Partnern führen, um gemeinsame Interessen und Synergien zu entdecken. Ergänzt wurde das Programm durch eine historische Führung durch die Alte Münze, die den Teilnehmenden einen Einblick in die Geschichte des Veranstaltungsorts bot und gleichzeitig den informellen Austausch in einem entspannten Rahmen förderte.

Auf dem Weg zu einer gelebten Datenkultur durch Datentreuhandmodelle

Die rege Teilnahme Projektverantwortlichen aber auch von Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik verdeutlicht das große Interesse an Datentreuhandmodellen. Die Konferenz war ein wichtiger Schritt, um den Austausch zwischen den geförderten Projekten aber auch externen Expertinnen und Experten zu intensivieren und neue Impulse für die zukünftige Zusammenarbeit zu setzen. Denn nur im Zusammenspiel vieler einzelner Komponenten und durch die vertrauensvolle Kooperation verschiedener Anspruchsgruppen wird die Nutzung geteilter Datenbestände innerhalb des Forschungs- und Innovationssystem nachhaltig gelingen.