Interview: S3I Trusted Data Exchange and Analytics (S3I-X) : Datum:
Im nachfolgenden Interview spricht Dipl.-Ing. Frank Heinze, Leiter des Kompetenzzentrums Wald und Holz 4.0, über die zentralen Ergebnisse des Projektes S3I-X und schildert seine praktischen Erfahrungen bei der Konzeption und Umsetzung von Datentreuhandmodellen.
Welches Problem wollen Sie mit Ihrem Datentreuhandmodell konkret lösen? Welchen Bedarf versuchen Sie, damit zu adressieren? (Auf Seiten der Datengebenden wie Datennutzenden)
Generell geht es um die Unterstützung der Digitalisierung der Forstwirtschaft. Speziell haben wir den Prozess des Austausches von Forstmaschinendaten fokussiert, da dieser uns als Startpunkt nach unseren Kriterien am geeignetsten erschien. Forstmaschinendaten werden während des Ernteprozesses erhoben und erhalten wertvolle Informationen für verschiedene Akteure. Speziell sind hier Waldbesitzer, Unternehmer, Holzabnehmer, Holzlogistik und Forschung zu nennen. Aktuell erfolgt ein Austausch der Daten in Deutschland nur zwischen Unternehmer und Waldbesitzer und nur in geringem Umfang nach vertraglichen Absprachen. Das liegt daran, dass die Daten personalisierte Daten enthalten (z.B. Informationen zum Fahrer der Maschine) und einige Daten nur für bestimmte Akteure bestimmt sind (Besitzdaten von Waldbeständen, Preismatrix). Die wertvollen Informationen zum geernteten Holz können daher aktuell praktisch nicht genutzt werden.
Welchen Ansatz verfolgen Sie hinsichtlich des Geschäftsmodells/Betriebsmodells Ihres Datentreuhänders?
Das Geschäftsmodell ist aktuell noch in der Entwicklung.
Welche Governance-Struktur streben Sie an? Wie sollen Entscheidungen bezüglich des Datenzugangs, der gemeinsamen Nutzung und der Nutzungsrichtlinien geregelt werden?
Die Nutzungsrechte werden in Policies abgebildet, die technisch durchsetzbar sind. Datengebende können dabei festlegen, zu welchen Konditionen ihre Daten zugreifbar sind. Für die möglichen Nutzungsrechte gibt es menschenlesbare Vorlagen, die sich an den Rollen der beteiligten Akteure orientieren.
Auf welcher technischen Basis funktioniert Ihr Datentreuhandmodell? Welche Strukturen und Instrumente werden dafür genutzt?
Als Zugangspunkt für die Nutzenden besitzt der Datentreuhänder eine REST-API, über die das Backend von außen erreicht werden kann. Hierbei sind drei unterschiedliche Kommunikationsmöglichkeiten angedacht:
- Für den „normalen“ Nutzenden stellen wir eine auf Angular und Flask basierende grafische Benutzeroberfläche als Webanwendung bereit. Diese kommuniziert mit der REST-API.
- Zur Automatisierung von Abläufen (z. B. Hochladen der Maschinendaten durch einen digitalen Zwilling, Weiterverarbeitung der Daten in ERP-System) kann direkt mit der REST-API kommuniziert werden.
- Damit der Datentreuhänder als Zugangspunkt in einen Datenraum fungieren kann, verfügt dieser über einen Eclipse Dataspace Connector (EDC), welcher mit der REST-API kommuniziert und von außen über Connectoren der Nutzenden erreicht werden kann.
Zur Anonymisierung und Anreicherung von Daten werden dabei Datentransformations-werkzeuge von nexoma auf Basis von BaseX verwendet. Die interne Datenhaltung basiert auf MongoDB und das Identitäts- und Zugriffsmanagement auf Keycloak.
Wie wollen Sie das Vertrauen der Datengebenden und Datennutzenden gewährleisten, gerade auch vor dem Hintergrund möglicher Datenschutzbedenken?
- Vereinbarungen zum fairen Miteinander durch Code of Conduct
- Transparente Policies in der Datennutzung
- Transparente, einfache Prozesse und Bedienoberflächen
- Technisch-organisatorische Maßnahmen zur Wahrung der getroffenen Vereinbarungen, dort wo regulatorische Unsicherheiten bestehen (z. B. Umgang mit maschinengenerierten Daten)
Welche bemerkenswerten Erfolge oder Meilensteine wurden bei der Entwicklung Ihres Datentreuhänders erreicht?
Ein zentraler Meilenstein war die Identifikation des und Fokussierung auf den Anwendungsfall (Harvesterproduktionsdaten) und die anschließend notwendige Identifikation der beteiligten Stakeholder, ihrer Prozesse und Anforderungen. Ein wichtiger technischer Meilenstein war die konzeptuelle und technische Unterscheidung zwischen den Konzepten „Datentreuhänder“ und „Datenraum“ und der daraus folgenden Trennung der Datenraumkomponenten (EDC) vom eigentlichen Kern in der Architektur des Datentreuhänders. Damit einhergehend war die Veröffentlichung des gemeinsamen Papers „Trustful Data Sharing in the Forest- based Sector - Opportunities and Challenges for a Data Trustee“ ein wichtiger wissenschaftlicher Meilenstein.
Gibt es Herausforderungen oder Hindernisse, die während des Prozesses aufgetretensind? Falls ja, wie sind Sie damit umgegangen?
Hinsichtlich der Nutzungsrechte sind zwei Herausforderungen aufgetreten. Zum einen gibt es keine gesetzlichen Vorgaben bzgl. der Rechte an Maschinendaten. Folglich ist der Umgang mit diesen teils unklar. Im Projekt wurde sich daran orientiert, wie mit den Forstmaschinendaten in Finnland umgegangen wurde. Zum anderen führt eine Aggregation unterschiedlicher Datensätze dazu, dass auch die Nutzungsrechte zusammengefasst werden müssen. Diese können teils stark variieren. Als Lösung bietet sich hierbei eine Hierarchie der Nutzungsrechte an, sodass immer die restriktivsten Vorgaben übernommen werden.
Was hat Sie bei der Entwicklung Ihres Datentreuhänders am meisten überrascht?
Bei Gesprächen mit Kollegen aus Skandinavien zeigte sich, dass auch dort ein prinzipielles Interesse am Einsatz eines Datentreuhänders speziell für Forstmaschinendaten besteht. Generell ist die Nutzung von Forstmaschinendaten in Skandinavien deutlich weiter als in der DACH-Region, jedoch beruhen die skandinavischen Ansätze auf einer zentralen Cloud-Lösung, in der die Daten von den Dateninhabenden gespeichert und auch wieder abgerufen werden können und weniger auf einer datentreuhänderischen Verwaltung und Nutzung der Daten.
Wie stellen Sie sich die künftige Wirkung und Skalierbarkeit Ihres Datentreuhänders vor? Was sind Ihre Pläne für weitere Forschung, Zusammenarbeit oder den Praxiseinsatz?
Wir konnten weitere Partner für das Nachfolgeprojekt DTMForst gewinnen, in dem wir zusammen mit dem Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik (KWF) e. V., Wahlers Forsttechnik GmbH & Co. KG und dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW, Zentrum für Wald und Holzwirtschaft, Forstliches Bildungszentrum (FBZ) den Datentreuhänder für den Forstbereich etablieren und intersektoral positionieren wollen.