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Interview: MobiDataSol : Datum:

Im nachfolgenden Interview sprechen Dipl.-Inf. Johannes Sautter (Experte für Urban Governance Innovation am Fraunhofer IAO und Projektleiter MobiDataSol) und Kai Erlenhardt (Stadtverwaltung Solingen – Staabsstelle Smart City) über die zentralen Ergebnisse ihres Projektes und schildern ihre praktischen Erfahrungen bei der Konzeption und Umsetzung von Datentreuhandmodellen.

Data Governance im Verbund zwischen Städten und Forschungseinrichtungen © MobiDataSol

Welches Problem wollen Sie mit Ihrem Datentreuhandmodell konkret lösen? Welchen Bedarf versuchen Sie, damit zu adressieren? (Auf Seiten der Datengebenden wie Datennutzenden)

Das Projekt MobiDataSol arbeitet an der Entwicklung eines Datenökosystems, das den intelligenten Datenaustausch zwischen Städten, Instituten oder Unternehmen ermöglicht. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Förderung nachhaltiger urbaner Mobilität. Beteiligte des Datenökosystems sollen qualitativ hochwertige Daten mit garantierter Rechtssicherheit über Stadt- oder Organisationstgrenzen hinweg nutzen oder bereitstellen können. Damit adressieren wir zwei zentrale Herausforderungen, die dem Datenteilen zwischen den Akteuren bisland häufig im Weg stehen.

Durch das Datenökosystem möchten wir Transparenz über vorhandene Daten schaffen, aber auch dem Verlust von Wissen entgegenwirken, der durch den Eintritt großer Teile der Mitarbeiterschaft in Solingen ins Rentenalter, aber auch eine mangelnde Nutzung aufbereiteter Datenprodukte in Data Analytics-Projekten, droht (vgl. hierzu auch die Projektpublikation).

Welchen Ansatz verfolgen Sie hinsichtlich des Geschäftsmodells/Betriebsmodells Ihres Datentreuhänders?

Bezüglich des Geschäftsmodells gibt es einige Ideen, aber noch keine konkrete Planung zur Ausgestaltung. Grundsätzlich streben wir aber eine kommerzielle Verwertung an, um das Ökosytem am Laufen halten zu können. Angedacht ist beispielsweise auch, dass nicht nur durch finanzielle Mittel, sondern auch durch das Bereitstellen von Personalressourcen organisationsübergreifend das Thema ‚Data Governance‘ und Datenexzellenz adressiert wird. So könnte beispielsweise in einer Städtekooperation eine Stadt die Grünflächendatenstruktur für alle Städte und Organisationen im Ökosystem verantworten, während eine andere Stadt für Verkehrsdatenmanagement zuständig wäre.

Welche Governance-Struktur streben Sie an? Wie sollen Entscheidungen bezüglich des Datenzugangs, der gemeinsamen Nutzung und der Nutzungsrichtlinien geregelt werden?

Je nach Datenprodukt, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Sensibilität von Daten, gibt es verschiedene Einschränkungen der Nutzung. Eine zentrale Funktion des Ökosystems ist es, auf Basis eines Metadatenkatalogs, der nur intern für Mitglieder des Ökoystems bereitgestellt wird, die Verfügbarkeit von Daten aufzuzeigen und daraufhin die Möglichkeit des direkten Kontakts und der Absprache zwischen Nutzenden und Bereitstellenden zu schaffen. Weitere Möglichkeiten der Governance sind die Schaffung eines Zugangs zu bestimmten Daten als Open Source Leistung für die Öffentlichkeit, sowie für die Mitglieder des Ökosystems.

Auf organisatorischer Ebene gibt es im Ökosystem eine „Geschäftsführung“, die den Zugang zu den Daten organisiert, und eine Art „Management“, das sich aus den Mitgliedern zusammensetzt und die Qualität der bereitgestellten Daten sichestellt. Außerdem existiert für die 12 Datenzwischenprodukte des komplexen Datenproduktes ‚CO2-Bilanzierung‘ für Gebietskörperschaften jeweils ein Data Owner und ein Data Steward.

Auf welcher technischen Basis funktioniert Ihr Datentreuhandmodell? Welche Strukturen und Instrumente werden dafür genutzt?

Der Datenkatalog als zentrales Elememt des Ökosystems beschränkt sich auf beschreibende Meta-Daten, im Gegensatz zu den tatsächlichen Daten. Hierfür haben wir technisch eine dezentrale Open Source Lösung durch das InGrid Softwaresystem geschaffen, das ein intelligentes Management von Metadaten erlaubt. Bzgl. der tatsächlichen Daten haben wir uns dagegen entschieden, im Ökosystem eine zentrale Stelle als „Spinne im Netz“ zu schaffen, bei der die Daten zentral gehalten werden. Je nach Datenprodukt soll es die Möglichkeit geben, die Daten in einem Cloud-Speicher oder auch bei den verschiedenen Organisationen bereitzustellen.

Wie wollen Sie das Vertrauen der Datengebenden und Datennutzenden gewährleisten, gerade auch vor dem Hintergrund möglicher Datenschutzbedenken?

Als Ökoystem nehmen wir zunächst eine Art Servicecharakter an und zeigen potenziellen Beteiligten, wie diese profitieren können. Ein Zwingen zum Datenteilen kann nicht funktionieren. In unserem Förderprojekt haben wir neben einem Kooperationsvertrag mit einem vertrauensbildenden Addendum gearbeitet, in dem der genaue Zweck für das Bereitstellen der Daten klar festgehalten ist. Für die Nutzung zu anderen Zwecken bedarf es dann Absprachen. Wir haben auch ein Datenschutzvorgehen zur Klassifizierung von Daten in unserem Konzept, durch die vermieden wird, dass personenbezogene Daten an unbefugte bereitgestellt werden. Auch dadurch soll Vertrauen geschaffen werden.

Welche bemerkenswerten Erfolge oder Meilensteine wurden bei der Entwicklung Ihres Datentreuhänders erreicht?

Inhaltlich gab es zum Ende des ersten Projektjahrs eine deutliche Abweichung vom initialen Antrag bzgl. des Konzepts und des Projektziels, da wir uns entschieden haben, das Ökosystem größer anzusetzen als ursprünglich vorgesehen. Ein Erfolg war die Bereitschaft und Motivation im Team, diesen neuen Weg mitzugehen. Durch das Datenökosystem gelint es, den hohen Aufwand der Datenaufbereitung zu reduzieren und mit der Datenanalyse zusammenzudenken. Auch das ist ein wichiger Meilenstein. Für uns gilt außerdem als großer Erfolg, dass bereits einige andere Städte starkes Interesse an der Beteiligung am Datenökosystem gezeigt haben.

Gibt es Herausforderungen oder Hindernisse, die während des Prozesses aufgetreten sind? Falls ja, wie sind Sie damit umgegangen?

Zum Start sind wir silomäßig vorgegangen und konnten erst später die Arbeitspakete zusammenführen. Außerdem hätten wir uns gerne noch mehr Antworten zur Vertrauensfrage des Datenteilens gewünscht. In unserem Anwendungsfall der Mobilitätsdaten stellte dies kein größeres Problem dar, da die Daten nicht personenbezogen sind. Es sind aber viele andere Fälle denkbar, in denen das Vertrauensverhältnis noch schwieriger herzustellen ist. Die rechtlichen Fragen stellten eine Herausforderung dar, die durch juristische Unterstützung vermutlich einfacher zu lösen gewesen wären.

Wie stellen Sie sich die künftige Wirkung und Skalierbarkeit Ihres Datentreuhänders vor? Was sind Ihre Pläne für weitere Forschung, Zusammenarbeit oder den Praxiseinsatz?

Wir möchten gemeinsam die Frage der Unternehmensgründung und der Finanzierung angehen. Mit verschiedenen Städten soll dann getestet werden, wie das Modell angenommen wird. Das hohe Interesse diverser Städte, darunter Nürnberg, Aachen und Erkelenz, stimmt uns hier positiv.

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Beteiligte OrganisationenFraunhofer IAO
Fraunhofer ISST
ifeu-Institut
Universität Stuttgart
Klingenstadt Solingen
LaufzeitJanuar 2022 – März 2024
sektoraler FokusSmart City, Mobilität